von Boris Borowski » So 16. Jun 2013, 21:00
Jan W. schrieb: > Erklären Sie doch mal, warum eine Akzentierung dazu führen soll, wieso > auf Basis den 2009er Ergebnisses die CSU massig Sitze gewinnen soll, > aber die zweieinhalb mal so große FDP leer ausgehen sollte, die > doppelt so große Linkspartei erheblich weniger Abgeordnete haben soll, > und die anderthalb mal so großen Grünen nur einen MdB verdienen. Im > Mehrheitswahlrecht wird nicht akzentuiert, da werden mittelgroße > Parteien ausgelöscht, damit u.a. Kleinparteien, deren Wähler nur näher > beieinander wohnen, massiv überrepräsentiert werden! Oh, ich habe gar nicht speziell vom relativen Mehrheitswahlrecht gesprochen, sondern bin in dem hiesigen Kontext der Frage nachgegangen, ob reine Listenwahl alle Probleme vermeide. Ansonsten hatte ich immer den Kontext von großen Mehrpersonenwahlkreisen (wie es Daniel H. erwähnte) im Kopf. Aber gut, zur Repräsentation: Man kann beobachten, dass viele Verhältniswahlfans in naiver Weise formale Repräsentation mit inhaltlicher Repräsentation gleichsetzen. Es stimmt, eine Verhältniswahl bildet formal die Stimmenverteilung mehr oder weniger proportional in Sitze für die jeweiligen Listen ab. Allerdings folgt daraus nicht, dass der Wähler auch inhaltlich repräsentiert wird. Ein Wähler, der eine Partei wegen Wahlprogrammpunkt P wählt, fühlt sich von dieser Partei in diesem Punkt wohl kaum repräsentiert, wenn diese Partei in Regierungsverantwortung genau das Gegenteil von P durchsetzt. Kurios, aber es werden dann in diesem Punkt womöglich Wähler inhaltlich repräsentiert, die diese Partei gar nicht gewählt haben, aber eine andere Partei, die womöglich in der Opposition sitzt. Verfolgt man diesen Gedankengang weiter, dann wird das Proporzprinzip hinsichtlich inhaltlicher Repräsentation ad absurdum geführt. Aber dann kann man sich überlegen was von dem Anspruch einer Verhältniswahl gegenüber einer Mehrheitswahl in puncto inhaltlicher Repräsentation noch übrig bleibt. Ich schlage vor, erstmal diesen Punkt - formale vs. inhaltliche Repräsentation - zu studieren. Des weiteren schlage ich vor, sich darüber Gedanken zu machen, dass ein Mehrheitswahlrecht eben keine Parteienwahl ist, auch wenn Experten meinen, dieses sei "de facto" so (was auf einer Schlussfolgerung beruht, die man anzweifeln kann). Bei anderer Gelegenheit können wir dann die Diskussion fortsetzen. > Und zum Wahlsystem: es löst bisherige Konflikte zwischen den Parteien, > daher finde ich es nicht völlig illusorisch! Wir haben doch nun ein Wahlsystem, das von allen Parteien bis auf DIE LINKE getragen wird. Übrigens hat nicht eine einzige der im Bundestag vertretenen Parteien einen Gesetzesentwurf eingebracht, der ohne Einerwahlkreise auskam. Offenbar scheinen also sogar alle Parteien, die Einerwahlkreise nicht abschaffen zu wollen. Wieso sollten die sich dann mit Mehrpersonenwahlkreisen befassen wollen? > Zur Durchsetzung dieses Wahlsystems oder jedes anderen Wahlsystems ist > eine Mehrheit im Deutschen Bundestag, die Unterschrift des > Bundespräsidenten und die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt > notwendig. Ja, das beschreibt das Ende eines formalen Weges zu Durchsetzung. Aber was ist, wenn die Parteien sich ablehnend gegenüber Mehrpersonenwahlkreisen verhalten und sich damit nicht befassen? Gibt es dann eine Möglichkeit für die Bevölkerung in Initiativen wesentlichen Druck auszuüben? MfG Bobo.
Jan W. schrieb: > Erklären Sie doch mal, warum eine Akzentierung dazu führen soll, wieso > auf Basis den 2009er Ergebnisses die CSU massig Sitze gewinnen soll, > aber die zweieinhalb mal so große FDP leer ausgehen sollte, die > doppelt so große Linkspartei erheblich weniger Abgeordnete haben soll, > und die anderthalb mal so großen Grünen nur einen MdB verdienen. Im > Mehrheitswahlrecht wird nicht akzentuiert, da werden mittelgroße > Parteien ausgelöscht, damit u.a. Kleinparteien, deren Wähler nur näher > beieinander wohnen, massiv überrepräsentiert werden! Oh, ich habe gar nicht speziell vom relativen Mehrheitswahlrecht gesprochen, sondern bin in dem hiesigen Kontext der Frage nachgegangen, ob reine Listenwahl alle Probleme vermeide. Ansonsten hatte ich immer den Kontext von großen Mehrpersonenwahlkreisen (wie es Daniel H. erwähnte) im Kopf. Aber gut, zur Repräsentation: Man kann beobachten, dass viele Verhältniswahlfans in naiver Weise formale Repräsentation mit inhaltlicher Repräsentation gleichsetzen. Es stimmt, eine Verhältniswahl bildet formal die Stimmenverteilung mehr oder weniger proportional in Sitze für die jeweiligen Listen ab. Allerdings folgt daraus nicht, dass der Wähler auch inhaltlich repräsentiert wird. Ein Wähler, der eine Partei wegen Wahlprogrammpunkt P wählt, fühlt sich von dieser Partei in diesem Punkt wohl kaum repräsentiert, wenn diese Partei in Regierungsverantwortung genau das Gegenteil von P durchsetzt. Kurios, aber es werden dann in diesem Punkt womöglich Wähler inhaltlich repräsentiert, die diese Partei gar nicht gewählt haben, aber eine andere Partei, die womöglich in der Opposition sitzt. Verfolgt man diesen Gedankengang weiter, dann wird das Proporzprinzip hinsichtlich inhaltlicher Repräsentation ad absurdum geführt. Aber dann kann man sich überlegen was von dem Anspruch einer Verhältniswahl gegenüber einer Mehrheitswahl in puncto inhaltlicher Repräsentation noch übrig bleibt. Ich schlage vor, erstmal diesen Punkt - formale vs. inhaltliche Repräsentation - zu studieren. Des weiteren schlage ich vor, sich darüber Gedanken zu machen, dass ein Mehrheitswahlrecht eben keine Parteienwahl ist, auch wenn Experten meinen, dieses sei "de facto" so (was auf einer Schlussfolgerung beruht, die man anzweifeln kann). Bei anderer Gelegenheit können wir dann die Diskussion fortsetzen. > Und zum Wahlsystem: es löst bisherige Konflikte zwischen den Parteien, > daher finde ich es nicht völlig illusorisch! Wir haben doch nun ein Wahlsystem, das von allen Parteien bis auf DIE LINKE getragen wird. Übrigens hat nicht eine einzige der im Bundestag vertretenen Parteien einen Gesetzesentwurf eingebracht, der ohne Einerwahlkreise auskam. Offenbar scheinen also sogar alle Parteien, die Einerwahlkreise nicht abschaffen zu wollen. Wieso sollten die sich dann mit Mehrpersonenwahlkreisen befassen wollen? > Zur Durchsetzung dieses Wahlsystems oder jedes anderen Wahlsystems ist > eine Mehrheit im Deutschen Bundestag, die Unterschrift des > Bundespräsidenten und die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt > notwendig. Ja, das beschreibt das Ende eines formalen Weges zu Durchsetzung. Aber was ist, wenn die Parteien sich ablehnend gegenüber Mehrpersonenwahlkreisen verhalten und sich damit nicht befassen? Gibt es dann eine Möglichkeit für die Bevölkerung in Initiativen wesentlichen Druck auszuüben? MfG Bobo.