Grabenwahl mit STV
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Daniel H.
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Grabenwahl mit STV
Mal ne "flippige" Idee: Grabenwahlsystem in Deutschland,aber statt des relativen Mehrheitswahlanteils FPTP lieber STV in Mehrpersonenwahlreisen (idealerweise gleichgroß) Warum? 1. Grabenwahlsysteme wurden in der Fachliteratur für Deutschland bereits mehrmals vorgeschlagen. Dagegen spricht, was auch dafür spricht - nämlich die Konzentrationswirkung auf die größeren Parteien. Allerdings löst ein Grabenwahlsystem fast alle Probleme,die unser Wahlsystem derzeit produziert: Überhangmandate (entstehen nur noch vorrübergehend; bilden aber immernoch die Grundlage vieler Probleme), inverse Erfolgswerte aller Art, unvorhersehbare Bundestagsvergrößerungen und die enorme Komplexität der neuen BWahlG-Regelung. Beispielsweise könnte man den Verhältniswahlteil wieder so gestalten, wie vor 2011, da jetzt die Verrechnung von Direkt- und Listenmandaten und damit die Grundlage negativen Stimmgewichts entfällt. 2. STV,weil es zwei Dinge vermutlich zu erledigen in der Lage ist: 1. Herstellung einer Personenwahlkomponente, die gerade der Sinn des Mehrheitswahlanteils im personalisierten Verhältniswahlrecht ist (und dabei ist STV aufgrund der reinen Repräsentativität FPTP vorzuziehen) und 2. Herstellung des Proporzes auch in der Personenwahlkomponente. Das Beispiel Irland zeigt, dass STV dazu neigt, eine halbwegs proportionale Verteilung zu erzeugen, was bei ausreichend großen Wahlkreisen auch logisch ist. Aufgrund der wegfallenden Verrechnung von Listen- und Direktmandaten erledigt sich auch das Problem, dass Wahlkreise nicht Ländergrenzen überlappen dürfen. Abgesehen davon hat STV noch weitere Vorteile,die ich nicht alle einzeln aufzählen möchte. Contra: STV ist komplizierter als FPTP. Allerdings eröffnet es aber auch die Mgl., die letzten Reformen wieder zurückzufahren und etwas mehr Normenklarheit zu schaffen. Im schlimmsten Fall wäre es m.M. ein Nullsummenspiel in Sachen Kompliziertheit. Was sagt ihr dazu? Funzt das?
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Jan W.
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Grabenwahl mit STV
Ich fürchte, Du opferst durch die Grabenwahl die verhältniswahlgemäße Zusammensetzung des Bundestags, obwohl STV das Problem bereits löst. Das Problem ist, dass in den Wahlkreisen bisher Mandate entstehen, die durch die Landesergebnisse nicht gedeckt sind.
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Daniel H.
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Grabenwahl mit STV
Naja, wie du sagst: Bei ner Grabenwahl mit STV ist die Wahrscheinlichkeit, dass es auf Seiten der Personenwahl zu größeren Verzerrungen kommt, relativ gering, wenn die Wahlkreise ausreichend groß sind. Und dennoch entfällt durch die wegfallende Verrechnung von Direkt- und Listenmandaten das Problem ungedeckter Direktmandate. Abgesehen von der Kompliziertheit von STV fällt mir eigentlich kaum ein Gegengrund ein.
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Norddeutscher
Grabenwahl mit STV
@ Daniel H. Der Gegengrund ist die Proporzverzerrung durch die Grabenwahl. Das einfachste System um ungedeckte Direktmandate zu veremeiden, ist die Abschaffung der Direktmandate. Eine reine Listenwahl würde alle Probleme vermeiden.
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Daniel H.
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Grabenwahl mit STV
@Norddeutscher: Das mit der Proporzverzerrung ist so eine Sache. Logischerweise tritt die auf der Mehrheitswahl/Personenwahlseite des Systems auf. Deswegen ist ja mein Vorschlag gewesen, da nicht FPTP, sondern STV anzuwenden. Wenn die Wahlkreise gro&
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Boris Borowski
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Grabenwahl mit STV
@Norddeutscher Reine Listenwahl, bei dem nur ein sehr kleiner Teil der Wählerschaft die Personalie bestimmt, ist nicht demokratisch, sondern leistet der Etablierung oligarchischer Strukturen Vorschub, was per se nicht "schlechter" se
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Jan W.
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Grabenwahl mit STV
Wähler wollen Parteien stärken, damit die in der Wunsch- oder notfalls in der Ersatzkonstellation mitregieren können. Und da können die Nominierungen im Wahlkreis genauso für Bauchschmerzen sorgen wie die Listennominierungen! Der Direktkandidat ist nicht legitimer oder demokratischer als der Listenkandidat!
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Norddeutscher
Grabenwahl mit STV
Jan W: Wähler wollen Parteien stärken, damit die in der Wunsch- oder notfalls in der Ersatzkonstellation mitregieren können. Richtig. Für die Wähler ist die Partei und deren Programmatik entscheidend. Lediglich für die Parteien ist entscheidend, wer tatsächlich im Parlament sitzt, denn die Fraktionen brauchen - insbesondere in der Opposition - die Fachleute, um der Verwaltung Paroli bieten zu können.
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Norddeutscher
Grabenwahl mit STV
Zur Ergänzung: Ich habe eine zeitlang in einem Kommunalparlament in der Opposition gesessen und bin seit der letzten Kommunalwahl Vertreter der kleineren Koalitionsfraktion. Ich kann durchaus beurteilen, was es bedeutet, als Opposition fachkundige Abgeordnete zu brauchen, um die Mehrheitsfraktionen und die Verwaltung zu "grillen" und was man in "Regierungsverantwortung" vorab erfährt ...
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Boris Borowski
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Grabenwahl mit STV
Norddeutscher schrieb: > Jan W: Wähler wollen Parteien stärken, damit die in der Wunsch- oder > notfalls in der Ersatzkonstellation mitregieren können. > > Richtig. Für die Wähler ist die Partei und deren Programmatik > entscheidend. Dass für Wähler die Programmatik von Parteien bei der Wahl entscheidend sein kann, heißt noch nicht, dass sie mit der Programmatik voll und ganz oder auch nur zum Teil einverstanden sind. Viele Wähler wählen auch nur das vermeintlich geringere Übel. Außerdem will nicht jeder Wähler mit der "Stärkung" einer Partei, dass diese Partei auch an der Regierung beteiligt ist. Und es gibt noch viele andere Gründe, die Ihre Sichtweise zu eindimensional machen. Jedoch ermöglicht die direkte Personenwahl dem Wähler auch Akzente zu setzen, indem z.B. ein Kandidat gewählt werden kann, der durch seine Handlungen und Äußerungen zeigt, dass er Teilen des Programms seiner Partei kritisch gegenüber steht. Bei der reinen Listenwahl (mit starren Listen) wählt der Wähler auch Kandidaten mit, die er vielleicht überhaupt nicht wählen will. Dem Wähler die Entscheidungskompetenz über die Personalie nicht zu ermöglichen, ist undemokratisch und steht auch dem Repräsentationsgedanken wegen o.g. Gründe entgegen. Dadurch, dass Wähler mit der Personenwahl Akzente setzen können, wird erst die Möglichkeit einer repräsentativen Demokratie geschaffen. Im Großen und Ganzen scheint sich diese Ansicht zumindest weitgehend unter den Fachleuten etabliert zu haben. Daniel H. hat insofern auch völlig recht, wenn er die reine Listenwahl als "Systembruch" bezeichnet; sie wäre ein Rückschritt in Zeiten, die Demokraten für ein Bundestagswahlsystem sicher nicht wieder haben wollen. > Lediglich für die Parteien ist entscheidend, wer tatsächlich im > Parlament sitzt, denn die Fraktionen brauchen - insbesondere in der > Opposition - die Fachleute, um der Verwaltung Paroli bieten zu können. Das ist in dieser Pauschalisierung falsch und ignoriert (so quasi nebenbei), dass es auch für den Bürger entscheidend sein kann wer im Parlament sitzt. Außerdem bezweifle ich, dass reine Listenwahl eher oder mehr Fachleute ins Parlament bringt als demokratische Wahlsysteme. Der Wähler mag bzgl. der "Fachleute" auch eine viel kompetentere Auswahl treffen können. Ergänzend dazu muss ich sagen, dass man personelle Elemente auf vielfältige Weise mit einem Wahlsystem verbinden kann. Man kann dem Wähler z.B. auch ermöglichen, an der Nominierung zu partizipieren, ohne dass er einer Partei beitreten muss. MfG Bobo.