Afghanisches Wahlrecht

Immanuel Goldstein

Afghanisches Wahlrecht

Beitrag von Immanuel Goldstein »

In den Medien wird derzeit (zurecht) viel über die Afghanistanwahl gesrpochen. Wie verlief die Wahl technisch und wie funktioniert das afg. Wahlrecht (im Internet hab ich jetzt schon drei verschieden Versionen gelesen)? Ab welchen und wie vielen Wahlverstößen sollte man die Wahl für ungültig erklären (natürlich unter der Vorraussetzung die allg. Lage nicht zu destabilisieren)?
Thomas Frings
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Registriert: Mi 7. Feb 2001, 11:00

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Beitrag von Thomas Frings »

"Ab welchen und wie vielen Wahlverstößen sollte man die Wahl für ungültig erklären (natürlich unter der Vorraussetzung die allg. Lage nicht zu destabilisieren)?" In einem Land, wo die Regierung den größten Teil des Landes gar nicht unter Kontrolle hat und es noch nie freie Wahlen gab, wird es saubere Wahlen nach westlichen Maßstäben natürlich nicht geben. Das viele Wähler mehrfach wählen oder mehrfach im Wahlregister standen, Männer stellvertredend für ihre Frauen gewählt haben und Kinder zur Urne geschleppt wurden hätte in jedem zivilisierten Land natürlich die Ungültigkeit zur Folge, bzw. es würde soweit erst gar nicht kommen. Aber in Afghanistan war es nicht anders zu erwarten, auch wenn die UNO an den Unregelmäßigkeiten nicht unschuldig ist. Neuwahlen wären eher eine Frage politischer Opportunität als eine juristische, und daher wird es nicht zu einer Neuwahl kommen. Daß überhaupt gewählt wurde, ist schon ein Wert an sich. Wichtiger als sowieso derzeit nicht erreichbare saubere Wahlen ist, daß in Afghanistan überhaupt eine Staat, der den Namen verdient aufgebaut wird. Nur dann kann es in Zukunft überhaupt saubere Wahlen geben. Karsai wird ja zu Recht auch als Bürgermeister von Kabul bezeichnet.
Immanuel Goldstein

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Beitrag von Immanuel Goldstein »

Wer hat das Wahlrecht (Alter, Registrierung,etc.)? Wie werden die Mandate verrechnet? Wie wird Analphabeten das Wählen ermöglicht? Wie Nomaden? Wie werden Sozialdruck und andere Abhängigkeitsverhältnisse minmiert? Wer zählt die Stimmen aus?Was findet eigentlich statt, wenn von Wahlen in Afghanistan gesrpochen wird?
gelegentlicher Besucher

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Beitrag von gelegentlicher Besucher »

Wie die Wahlen in der Praxis laufen kann ich von Deutschland aus leider auch nicht beurteilen. Für die Theorie gibt es [vorsicht PDF] eine englische Übersetzung des Wahlgesetzes
Frederic
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Registriert: Di 30. Apr 2019, 21:04

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Beitrag von Frederic »

>Wie wird Analphabeten das Wählen ermöglicht? Von jedem Kandidaten ist ein Foto auf dem Wahlzettel.
Immanuel Goldstein

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Beitrag von Immanuel Goldstein »

@gelegentlicher Besucher Vielen Dank.
Wähler

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Beitrag von Wähler »

Immanuel Goldstein: "Wie wird Analphabeten das Wählen ermöglicht?" Frederic: "Von jedem Kandidaten ist ein Foto auf dem Wahlzettel." Was hilft dem Wähler das Bild, er muss doch die politischen Vorstellungen kennenlernen, um eine sinnvolle Wahlentscheidung treffen zu können.
Ingo Zachos
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Registriert: Di 11. Mai 2010, 11:52

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Beitrag von Ingo Zachos »

Über die politischen Ziele der Kandidaten und Parteien kann sich ein Analphabet sehr wohl informieren, oder muss man für Radio, Fernsehen, Besuch von Wahlveranstaltungen oder Diskussionen mit Bekannten etwa lesen können? Mir scheint, hier liegt ein Fehlurteil zu Grunde, wenn nicht gar ein Vorurteil. In Indien waren und sind viele komplette Analphabeten, oder sie können das Alphabet des Wahlzettels nicht. Trotzdem kann man wählen, denn neben den Namen der Parteien sind für diese Symbole abgebildet, die diese im Wahlkampf auch darstellen. Letztlich sind Buchstaben auch nur Bilder oder Symbole, und wer lesen kann ist oft auch nicht informiert übe die Parteien und Kandidaten, oft sogar fehlinformiert, wenn er nur das Programm kennt, aber nicht den Charakter und die Absichten des Führungspersonals der Partei.
Wähler

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Beitrag von Wähler »

@ Ingo Zachos Um ein Wahlprogramm wirklich verstehen zu können, muss ich es auch lesen können. Ich muss verschiedene Wahlprogramme miteinander vergleichen können und hintergrundberichte in politischen Fachmagazinen lesen können, n
Ratinger Linke
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Registriert: So 26. Sep 2010, 10:00

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Beitrag von Ratinger Linke »

Natürlich ist fundierte Information wünschenswert, aber letztlich ändert sie nichts daran, dass die Wahl eine Vertrauenssache ist, wo die Grundlagen auch durch Wahlkämpfer vor Ort vermittelt werden können. Ob Parteisymbole (in sehr vielen Ländern auf den Stimmzetteln üblich), Fotos von Kandidaten oder alphabetische Parteikürzel als Wiedererkennungsmerkmal dienen, ist dabei völlig egal, sofern sie ihren Zweck bei den jeweiligen Wählern erfüllen. Wahlprogramme sind nach der Wahl auch nur so viel Wert, wie Vertrauen in sie gesetzt wird, das bei der nächsten Wahl verloren werden kann. Wenn es rein um Inhalte geht, sind Wahlen eh sinnlos; direkte Demokratie ist dann viel besser. Im Übrigen sind elektronische Medien sicher nicht allgemein schlechter als sonstige. Überhaupt sind auch die besseren journalistischen Angebote so schlecht oder zumindest oberflächlich, dass das auch völlig unzureichende Information ist, wenn man höhere Ansprüche hat. Umfassende Information kriegt man nur aus Primärquellen (die per Internet häufig wesentlich leichter zugänglich sind), wenn auch (möglichst breit gefächerte) Sekundärquellen zur Einordnung hilfreich sein können. Es ist zwar gut, wenn das möglichst Viele tun, aber Demokratie basiert nicht drauf, dass das alle persönlich tun. Bei den paar relevanten Parteien, die wir haben, ist die Entscheidung für die Meisten ohnehin nicht schwierig. Probleme haben bloß die, deren Ansichten ziemlich quer zu den Parteiprofilen liegen, und die, die (aus welchen Gründen auch immer) überhaupt keine klare Meinung zu relevanten politischen Fragen haben.
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