Wahlprüfung wegen Nichteintragung ins Wählerverzeichnis

Martial00120
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Wahlprüfung wegen Nichteintragung ins Wählerverzeichnis

Beitrag von Martial00120 »

Hallo, eine Freundin wurde als aus kurzem Auslandsaufenthalt rückkehrende Forscherin - mit weiters in Baden-Württemberg bestehendem Arbeitsvetrug von ihrer Stadt nicht ins Wählerverzeichnis zur Landtagswahl in Baden-Württemberg eingetragen. Vielen Grenzgängern geht es ähnlich. Diese möchten erreichen, dass "gewöhnlicher Aufenthalt" so ausgelegt wird, dass sie wahlberechtigt sind. Kann sie und können diese dennoch als Antragstellerin für die Wahlprüfung fungieren, weil dort ist ja von Wahlberechtigten die Rede? Oder wird in diesem besonderen Fall die Zulässigkeit zeitgleich mit der Begründetheit festgestellt?
Danny
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Wahlprüfung wegen Nichteintragung ins Wählerverzeichnis

Beitrag von Danny »

Das Gericht muss bzgl. der Zulässigkeit prüfen, ob deine Freundin wahlberechtigt war. Wenn die Sache nicht klar ist muss das auch durchaus ausführlich geprüft werden, insoweit ist die Entscheidung der Stadt da nur ein Indikator. Bzgl. der Begründetheit muss mehr dargelegt werden. Wenn deine Freundin z.B. selbstverschuldet keinen Wahlschein bekommen hat, obwohl sie wahlberechtigt war, wär die Beschwerde zulässig aber unbegründet. War es ein 1. einzelnes Versäumnis deiner Freundin (z.B. nicht/zu spät angemeldet) 2. einzelnes Versäumnis der Kommune (falsche Beurteilung der Situation im Einzelfall) 3. systematisches Versäumnis der Kommune (falsche Beurteilung in vermutlich vielen gleichgelagerten Fällen)?
Martial00120
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Wahlprüfung wegen Nichteintragung ins Wählerverzeichnis

Beitrag von Martial00120 »

Hallo, Danke! Ich würde sagen ganz klar: systematisches Versäumnis der Kommune. "Gewöhnlicher Aufenthalt" wird per anhaltender Verwaltungspraxis auf Obdachlose reduziert und das ist nicht mehr zeitgemäss. Sie hat ca. 2-3 Wochen vor der Wahl einen Antrag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis gestellt, der wurde abgelehnt. Zeit zu Einsprache/Beschwerde hatte sie nicht mehr, wegen Postlaufzeit und Krankheit. Ihr Lebensmittelpunkt lag klar seit 2013 in Baden-Württemberg. Die kurze Unterbrechung durch einen Forschungsaufenthaltes von 5 Monaten ändern Lebensmittelpunkt und gewöhnlichen Aufenthalt nicht, da sie weiter an der Universität in B-W beschäftigt war und jetzt wieder ihr altes Leben aufnimmt, einschlieslich Einbindung in gesellschaftliche Gruppen. Wir sind der Meinung, gewöhnlicher Aufenthalt müsse weiter gefasst werden, beim Steuerrecht geht es ja auch. Eine gerichtliche Prüfung wäre sehr angezeigt.
Martial00120
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Wahlprüfung wegen Nichteintragung ins Wählerverzeichnis

Beitrag von Martial00120 »

Gut, dass die Einspruchsberechtigung gegeben ist :-). Scheinwohnsitze, ausser bei den Eltern, werden durch das neue Melderecht, was eine saftige Verschärfung ist, viel weniger wahrscheinlich. Zudem war es ja keine ständige Abwesenheit, sondern eine vorübergehend (wobei ich unsicher bin, was als ständig und vorübergehnd gilt). Dass der gewöhnliche Aufenthalt auf Obdachlose gemünzt wird, möchten wir eben angreifen. Wir sagen, es muss auch für vorübergehende Abwesenheit z.B. 5 Monate in Holland gelten, wenn die berufliche (einschliesslich Gehaltzahlung vom Land BW!) und soziale Einbindung in Baden-Württemberg erhalten bleibt. "Ausländerwahlrecht"? Ist wohl ein Tippfehler, du meinst wohl Auslandsdeutsche. Sie war ja seit 1. März wieder in Baden-Württemberg ansässig und sieht sich auch nicht als Auslandsdeutsche sondern als entsendete Arbeitnehmerin. Dennoch denke ich, dass es notwendig wäre, auch Auslandsdeutschen das Wahlrecht zum Landtag zu geben. Es gibt keinen Grund, warum dass - in eine föderalen Ordnung - nur bei der Bundesebene möglich sein sollte und nicht bei den Ländern. Mehrfachwahl kann man sicher verhindern. Es gibt noch einen Kollegen meiner Freundin, der möchte aber tatsächlich in Baden-Württemberg wählen, obwohl er in Rheinland-Pfalz bei seinen Eltern gemeldet ist. 1994 gab es zwei Urteile vom Thüringer Verfassungsgerichtshof, wonach die Seßhaftigkeitserfordernis für die Wählbarkeit nicht pauschal 1:1 and das Melderecht gekoppelt werden darf, sondern dass die tatsächlichen Verhältnisse massgeblich sind.
Martial00120
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Wahlprüfung wegen Nichteintragung ins Wählerverzeichnis

Beitrag von Martial00120 »

Ich würde streng zwischen Land und Kommune unterscheiden. Nicht umsonst darf es ja offiziell auch nicht "Kommunalparlament" heissen, sondern nur "Kommunalvertretung". Der Grund liegt darin: bei kommunal ist die Sesshaftigkeit ja auch konstitutiv zum Verhältnis Bürger-Kommune, sonst gehört man gar nicht zur Selbstverwaltungskörperschaft. Es ist vergleichbar zum Studentenparlament, da muss ich zur Wahl ja auch immatrikuliert sein. Beim Staat (Bund und Land) ist es anders, da erlischt das Verhältnis ja nicht durch Ortsabwesenheit. Mit der Verfassung, welchen Artikel meinst du? Die Wählbarkeit in Art. 28 Abs. 2, Satz 2? Man kann die Ortsbindung des Wahlrechts lockern und Mehrfachstimmabgabe unterbinden, wenn man nur will. Ein Mainzer in München könnte in Mainz wählen, aber die Stadt Mainz macht der Stadt München eine Nachricht, dass er in Rheinland-Pfalz sein Wahlrecht wahrnimmt. Er dürfte dann in 10 Jahren maximal an 2 Landtagswahlen teilnehmen. "Zwischen deutschen und ausländischen Ausländern unterscheid ich grundsätzlich nicht." - gut zu wissen! Es gibt tatsächlich zwei Denkschulen: - Wahlrecht alle am Wohnsitz: dann auch dort ansässige Ausländer - Wahlrecht alle Staatsbürger: dann auch im Ausland ansässige Staatsbürger (und keine Kopplung der Wahl im Land an den Wohnsitz, soweit der Bezug anderweitig hergestellt werden kann)
Thomas Frings
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Wahlprüfung wegen Nichteintragung ins Wählerverzeichnis

Beitrag von Thomas Frings »

Wer sich in den Niederlanden aufhält, hat in dieser Zeit offensichtlich keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Baden-Württemberg. Die Gehaltszahlung ist irrelevant. Wer in Neu-Ulm wohnt und in Ulm arbeitet, hat auch kein Wahlrecht in Baden-Württemberg. Dass der "ständige Aufenthalt" auf Obdachlose gemünzt ist, ergibt sich schon daraus, dass Menschen mit festem Wohnsitz gemeldet sein müssen. "Ein Mainzer in München könnte in Mainz wählen, aber die Stadt Mainz macht der Stadt München eine Nachricht, dass er in Rheinland-Pfalz sein Wahlrecht wahrnimmt. Er dürfte dann in 10 Jahren maximal an 2 Landtagswahlen teilnehmen." Erstens ist der Sinn nicht erkennbar, zweitens ginge es rechtlich nicht, weil die Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Wer in München wohnt, gehört in Rheinland-Pfalz nicht zum Volk.
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