Landtagswahlrechtsreform in Baden-Württemberg

nicolas (Unregistrierter Gast)

Landtagswahlrechtsreform in Baden-Württemberg

Beitrag von nicolas (Unregistrierter Gast) »

Hallo, in Baden-Württemberg wird momentan diskutiert, die Zweitausteilung der Mandate auf eine neue Basis zu stellen. Konrekt handelt es sich um "Eine Systemumstellung bei der Zweitauszählung (Mandatszuteilung nach prozentualem Stimmenanteil, bemessen nach der Zahl der Wahlberechtigten)." Nähere Informationen zum Baden-Württembergischen Landtagswahlrecht (und dessen Probleme) gibt es ja hier auf der Seite. Glaubt ihr dass es dadurch zu einer Verbesserung kommen würde? Ich halte die Einbeziehung der Wahlbeteiligung für eine gute Idee, da dadurch ein Wahlkreis mit höherer Wahlbeteiligung auch bessere Chancen auf einen Abgeordneten hat als einer mit geringer Wahlbeteiligung. Außerdem ist nicht mehr die Wahlkreisgröße entscheidend. Aber ganz überzeugt bin ich ehrlich gesagt auch noch nicht.
Thomas Frings
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Landtagswahlrechtsreform in Baden-Württemberg

Beitrag von Thomas Frings »

Generell halte ich die Umstellung auf Stimmenanteil schon für richtig. Bis jetzt ist es ja so, daß es in einigen Wahlkreisen praktisch keine Chance hat auf ein Zweitmandat, während anderswo schon sehr bescheidene Stimmenanteile reichen. Ich fände es aber sinnvoller, die Stimmenanteile nur auf die gültigen Stimmen zu beziehen. Warum sollen Nichtwähler die Sitzverteilung beeinflussen? Wichtiger wäre aber eine Änderung der Überhangregelung.
Frank Schmidt
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Beitrag von Frank Schmidt »

Wenn man das System beibehalten will, macht es durchaus Sinn, mit der Zahl der Wahlberechtigten zu messen. Was entschieden werden soll, ist doch, in welchem der Wahlkreise eine bestimmte Partei am beliebtesten ist, und das geht am besten mit dem Quotienten Parteistimmen / Wahlberechtigte. Mit der Quotienten Parteistimmen / gültige Stimmen würde das Ergebnis verschieden ausfallen, wenn in einem Wahlkreis die Wähler einer *anderen* Partei zuhause bleiben.
Thomas Frings
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Beitrag von Thomas Frings »

"Mit der Quotienten Parteistimmen / gültige Stimmen würde das Ergebnis verschieden ausfallen, wenn in einem Wahlkreis die Wähler einer *anderen* Partei zuhause bleiben." Das ist bei Wahlen immer so, wenn es keine "automatische" Methode gibt. Bei den 70 Direktmandaten hängt der Sieg auch immer vom Abschneiden der anderen ab, es sei denn, ein Kandidat erhält die absolute Mehrheit der Wahlberechtigten, und das ist praktisch ausgeschlossen. Ich hab mir mal angesehen, was sich ändern würde, wären beim letzten Mal die Zweitmandate nach dem Vorschlag vergeben worden. 12 Mandate wären anders besetzt: SPD zusätzliche Sitze 02 Stuttgart II 03 Stuttgart III 04 Stuttgart IV 11 Geislingen 18 Heilbronn 31 Ettlingen 41 Sinsheim 50 Lahr dafür kein Mandat: 05 Böblingen 06 Leonberg 09 Nürtingen 22 Schwäbisch Hall 26 Aalen 32 Rastatt 43 Calw 55 Tuttlingen-Donaueschingen FDP zusätzliche Sitze 13 Vaihingen 34 Heidelberg 56 Konstanz dafür fielen weg 14 Bietigheim-Bissingen 39 Weinheim 49 Emmendingen Bei den Grünen gäbe es nur eine Änderung, nämlich ein Mandat in Stuttgart IV statt in Bietigheim-Bissingen.
Mitdenker (Unregistrierter Gast)

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Beitrag von Mitdenker (Unregistrierter Gast) »

Man kann die meisten Probleme umgehen, in dem man 60 Zweipersonenwahlkreise einführt. Dann gebe es 60 Erstmandate inkl. weniger Überhangmandate, außerdem 60 Zweitmandate und weniger Ausgleichsmandate.
Mitdenker (Unregistrierter Gast)

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Beitrag von Mitdenker (Unregistrierter Gast) »

Den Charakter der Personenwahl kann mit auch mit der Übertragbaren Einzelstimmengebung (STV) beibehalten. frei nach Martin Wilke: STV, 8 Wahlkreise mit je 12 bis 20 Abgeordneten frei nach Thomas Frings: STV, 21 Wahlkreise mit je 4 bis 7 Abgeordeten nach meiner Idee: STV, 33 Wahlkreise mit 3 bis 5 Abgeordneten http://www.wahlrecht.de/forum/messages/172/2334.html?1191933407
Thomas Frings
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Beitrag von Thomas Frings »

Nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch in BW gibt es einen schlampig formulierten Paragraphen, wenn auch weniger gravieredend. Der FDP-Abgeordnete Theurer ist ins Europaparlament gewählt worden und legte daher sein Landtagsmandat nieder. Der Ersatzbewerber verzichtete. Damit wäre das Mandat an den Bewerber im Wahlkreis Karlsruhe I gefallen, der war aber inzwischen aus Baden-Württemberg weggezogen. Was in diesem Fall (der offenbar noch nie eingetreten war) zu geschehen hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. Entweder rückt dann der Ersatzbewerber in Karlsruhe I nach (der auch bereit war, das Mandat asnzunehmen) oder der Bewerber mit der nächsthöchsten Stimmzahl, nämlich der in Bruchsal. Letzterer bekam schließlich das Mandat. Ich persönlich meine, daß Wortlaut und Systematik eher für den Ersatzbewerber in Karlsruhe I gesprochen hätten.
Wilko Zicht
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Beitrag von Wilko Zicht »

Ja, der Fall war uns auch aufgefallen, konnte aber im Wahl-Stress der letzten Wochen leider nicht die gebührende Beachtung finden. Ich finde ebenfalls, dass der Ersatzbewerber in Karlsruhe I zum Zuge hätte kommen müssen.
Bernhard Sellheim
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Beitrag von Bernhard Sellheim »

Zur ursprünglichen Frage der Zweitausteilung der Mandate: Das Landeswahlgesetz ist jetzt geändert worden (verkündet am 19.10.09). Die Reihenfolge der Sitzzuteilung an Bewerber derselben Partei richtet sich jetzt nach dem prozentualen Anteil an den gültigen Stimmen der jeweiligen Wahlkreise. Gesetzesbeschluss des Landtags Information der Landeswahlleiterin zur LTW 2011
Kay Karpinsky
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Beitrag von Kay Karpinsky »

Interessant, dass es jetzt auf einmal möglich ist, größere Korrekturen an den Wahlkreisen vorzunehmen, wo der prozentuale Anteil maßgeblich wird. Die hohe Wahlkreisqute von 7/12 kann in Verbindung mit sinkenden Stimmenanteilen der CDU immer noch zu einer enormen Aufblähung des Landtages führen. Ich habe jetzt noch nicht durchgerechnet, inwieweit sich Hinzunahme der Stadtteile Gänsheide und Uhlandhöhe für Stuttgart-Mitte auswirkt, doch auf Grundlage der Zweitstimmenresultate der Bundestagswahl käme die CDU auf 69 Erstmandate und die GRÜNEN auf eines. Um das alles auszugleichen, wäre ein Landtag mit 185 Sitzen erforderlich: CDU 69, SPD 38, FDP 37, GRÜNE 27, LINKE 14. Die bezirksinterne Ausgleichsregelung würde dann dafür sorgen, dass der RB Karlsruhe vier Sitze zu viel auf Kosten des RB Tübingen "erhielte". Die Verteilung der Wahlkreise auf die Regierungsbezirke ist nach wie vor nicht stimmig. Es ist insbesondere hinsichtlich des Verhältnisses CDU/FDP zwar davon auszugehen, dass sich einige taktisch abgegebene Stimmen zur CDU verschieben würden. Allerdings hat die FDP auch bei den Erststimmen (und bei der EP-Wahl) deutlich zugelegt, so dass insgesamt vielleicht ein Verhältnis CDU 38%, FDP 15% realistisch wäre. Die LINKE dürfte wiederum schwächer abschneiden und die GRÜNEN etwas besser, weil erstere durch die starke Personalisierung an Grenzen stoßen wird und letztere von der zu erwartenden niedrigen Wahlbeteiligung profitieren könnten. Auch damit sind aber 150-160 Sitze wahrscheinlich.
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