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Bundesversammlung - Rechtsfrage zur Immunitätsaufhebung
Verfasst: So 23. Mai 2004, 08:51
von Bernhard Nowak
Hallo, ich habe mal eine Frage, die ich nirgends beantwortet fand. Im Thema bei www.wahlrecht.de: "Bundespräsidentenwahl, Bundesversammlung" heißt es: Immunität einiger Mitglieder aufgehoben Die Mitglieder der Bundesversammlung genießen wie die Abgeordneten des Deutschen Bundestages strafrechtliche Immunität, so daß während der Zeit ihrer Mitgliedschaft bis zur Wahl des Bundespräsidenten nicht gegen sie ermittelt werden kann. Gegen Peter Strieder, der sein Mandat inzwischen zurückgegeben hat, Walter Döring und Norbert Raulin laufen jedoch nun Ermittlungsverfahren, da der Deutsche Bundestag ihre Immunität aufgehoben hat. An diesen Beschlüssen war umstritten, ob der Bundestag die Immunität von Mitgliedern eines anderen Verfassungsorganes überhaupt aufheben kann oder ob dies nur durch die Bundesversammlung selbst möglich ist. Wie ist dies? Die Bundesversammlung ist ja kein permanent tagendes Organ, sondern tritt nur - in der Regel alle 5 Jahre einmal - zur Wahl des Bundespräsidenten zusammen. Wer kann dann die Immunität der in sie versammelten Abgesandten aufheben? Denkbar wäre für mich, dass die Organe, die Mitglieder in die Bundesversammlung entsandt haben, also der Bundestag die Mitglieder des Deutschen Bundestages und die jeweiligen Landtage fßr die von Ihnen entsandten Abgesandten die Immunität aufheben können. So ist es auch geschehen. Was geschieht allerdings mit denjenigen, die weder Landtags-, noch Bundestagsabgeordnete sind, sondern - als Prominente - lediglich von den Landesparlamenten in die Bundesversammlung delegiert wurden? Gilt hier auch, dass das zu entsendende Organ, der jeweilige Landtag, die Immunität aufheben könnte oder wie ist dies geregelt?
Bundesversammlung - Rechtsfrage zur Immunitätsaufhebung
Verfasst: So 23. Mai 2004, 11:50
von Martin Fehndrich
Es ist gar nicht explizit geregelt, sondern wird sinngemäß auf das Grundgesetz verwiesen. http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/bpr_swahlg/__7.html BPräsWahlG § 7 Artikel 46, 47, 48 Abs. 2 des Grundgesetzes finden auf die Mitglieder der Bundesversammlung entsprechende Anwendung. Die Mitglieder sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden.
Bundesversammlung - Rechtsfrage zur Immunitätsaufhebung
Verfasst: So 23. Mai 2004, 20:01
von Torsten Schoeneberg
Bei der Gelegenheit: Werden die Bundesversammlungen eigentlich protokolliert? Und gilt entsprechend BPräsWahlG §8 die Geschäftsordnung des Bundestags oder hat sich die Bundesversammlung einmal eine eigene GO gegeben? Der komplette Ablauf war ja dank vielsagender Interviews und Kommentare im Fernsehen nicht zu verfolgen.
Bundesversammlung - Rechtsfrage zur Immunitätsaufhebung
Verfasst: Mo 24. Mai 2004, 09:35
von Martin Fehndrich
Vermutlich wurde protokoliert. Ich hatte mal ältere Protokolle gesehen. Bisher wurde immer die GO des Bundestages übernommen, so war es auch diesmal geplant.
Bundesversammlung - Rechtsfrage zur Immunitätsaufhebung
Verfasst: Mo 24. Mai 2004, 20:56
von Bernhard Nowak
Also zur Verdeutlichung der Rechtsfrage ein ganz provozierendes Beispiel. Wenn man die Immunität der von der Union in die Bundesversammlung entsandten Gloria von Thurn und Taxis aufgrund bestimmter in den Zeitungen diskutierter Probleme - deutlicher brauche ich glaube ich nicht zu werden - aufgehoben hätte, hätte dies - so sehe ich das - der Landtag von Bayern tun müssen. Nun gehört die Dame aber meines Wissens nicht dem bayrischen Landtag an. Hätte dieses Gremium sie dann rein rechtlich überhaupt als Delegierte durch Aufhebung der Immunität verhindern können? Dies ist mir nach wie vor nicht ganz klar, auch wenn dies letztlich ein hypothetischer Fall geblieben ist. Nach wie vor glaube ich, dass das jeweilige Gremium, dass die Delegierten für die Bundesversammlung bestimmt - das Recht hat, die Immunität des von ihm entsandten Mitgliedes aufzuheben, aber sicher bin ich mir da nach wie vor nicht und Martins Zitate aus dem Grundgesetz sind ja auslegungsfähig, wenn ich dies richtig interpretiere.
Bundesversammlung - Rechtsfrage zur Immunitätsaufhebung
Verfasst: Di 25. Mai 2004, 08:39
von Ralf Arnemann
Ich halte die GG-Artikel für ausreichend. Auch wenn, wie in Bernhards Beispiel, ein Mitglied der Bundesversammlung nicht dem Landtag angehört, so ist sie doch von ihm nominiert worden. Ihre Immunität hat sie also durch Landtagsbeschluß bekommen, und dann kann dieser Landtag m. E. ihr diese auch wieder nach genau den Regularien entziehen, die er auch für die eigenen Mitglieder anwendet.
Bundesversammlung - Rechtsfrage zur Immunitätsaufhebung
Verfasst: Di 25. Mai 2004, 08:44
von C.-J. Dickow
@ Bernhard "Hätte dieses Gremium sie dann rein rechtlich überhaupt als Delegierte durch Aufhebung der Immunität verhindern können?" Die Aufhebung der Immunität hätte ihre Tätigkeit als Mitglied der Bundesversammlung ja überhaupt nicht beeinflußt, sondern lediglich die Strafverfolgung. Deshalb ist diese Frage aus meiner Sicht ohnehin ein Streit um des Kaisers Bart. Da die Mitgliedschaft in der Bundesversammlung ja nur einen sehr begrenzten Zeitraum umfasst, wird man in den meisten Fällen halt einige Wochen damit warten können. Die Fälle, in denen Gefahr im Verzuge ist und daher schnell gehandelt werden muß, dürften seit 1949 an einer Hand abzuzählen gewesen sein.