von Philipp Wälchli » Do 1. Feb 2007, 12:42
Entgegen der oft kolportierten Meinung ist es ja auch nicht so, dass Enthaltungen (leere Stimmen, nicht abgegebene Stimmen, ungültige Stimmen usw.) [b]keinen[/b] Einfluss aufs Wahlergebnis hätten. Sie haben in der Tat einen Einfluss, wenn auch nur einen indirekten, insofern sie die Gesamtproportion der zählenden Stimmen verschieben. Anders gesprochen: Sie machen den "Kuchen" grösser oder kleiner. Als veranschaulichendes Beispiel: Bei einer Wahl werden 100 gültige Stimmen abgegeben. (Somit ist 1 Stimme = 1%.) 5 Wahlzettel wurden leer eingeworfen, scheiden also für die weitere Berechnung aus. Nun haben 4 Listen folgende Stimmenzahlen erhalten: Liste 1: 45 Stimmen Liste 2: 36 Stimmen Liste 3: 14 Stimmen Liste 4: 5 Stimmen Liste 4 erreicht somit gerade die 5%-Hürde (diese ist formuliert: "eine Liste, die nicht mindestens 5% der gültigen Stimmen erhalten hat, scheidet aus") und erhält in unserem Beispiel 5 Sitze, Liste 3 14 Sitze, Liste 2 36 Sitze und Liste 4 45 Sitze. Der "Kuchen" ist also 100 Stimmen gross (5% = 5 Stimmen, weil 1 Stimme = 1%). Bei der nächsten Wahl zu demselben Gremium gelten wiederum dieselben Regeln, auch dieselben 4 Listen treten an. Wieder beteiligen sich 105 Wähler, aber dieses Mal gibt es keine Enthaltungen mehr. Das Ergebnis sieht nun so aus: Liste 1: 47 Stimmen Liste 2: 37 Stimmen Liste 3: 16 Stimmen Liste 4: 5 Stimmen Die 5%-Hürde liegt nun nicht mehr bei 5 Stimmen, sondern bei 5,25 und kann daher nur mehr mit 6 Stimmen übersprungen werden. Der "Kuchen" ist also nun 105 Stimmen gross, woran die Liste 4 scheitert. Die verbleibenden 3 Listen teilen nun wiederum die 100 zu verteilenden Sitze untereinander auf, so dass Liste 1 47 Sitze, Liste 2 37 und Liste 3 16 erhält. Noch einmal anders sähe es aus, wenn sich bei der neuen Wahl eine 5. Liste beteiligt und die Stimmen der 5 Wähler, die sich zuvor enthalten hatten, erhalten hätte: Dann würden nämlich die Listen 4 und 5 beide leer ausgehen, das sie nicht die erforderlichen 5,25 Stimmen bekommen hätten. Die verbleibenden 3 Listen würden dann wiederum die 100 Sitze unter sich aufteilen, obwohl sie nun nur mehr 95 Stimmen insgesamt statt wie in den beiden vorausgehenden Beispielen 100 auf sich vereinigten. Es verbleiben also in der Sitzverteilung noch die 45+36+14=95 Stimmen der Listen 1 bis 3; 1% entspricht nun 0.95 Stimmen, pro 0.95 Stimmen erhält somit im Grundsatz jede Liste je einen Sitz zugeteilt: Liste 1: 45 : 0.95 = 47.368 -> 47 Sitze Liste 2: 36 : 0.95 = 37.894 -> 38 Sitze Liste 3: 14 : 0.95 = 14.736 -> 15 Sitze Es zeigt sich, dass im 3. Falle die beiden grossen Listen 1 und 2 verhältnismässig am meisten profitieren, wohingegen sie bei der Enthaltung im 1. Falle am schlechtesten gestellt bleiben. Falls es den 5 Wählern, die im 1. Falle leer eingeworfen haben, darum gegangen sein sollte, die beiden grossen Listen zu schwächen, dann hätten sie im 3. Falle besser ebenfalls die Enthaltung gewählt statt der "Protestpartei" Liste 5. Das Beispiel ist natürlich konstruiert, sollte aber immerhin beweisen, dass Enthaltung schon heute nicht ohne Einfluss aufs Ergebnis bleibt, sondern im Gegenteil einen wesentlichen Einfluss ausüben kann. Da fragt sich dann schon, ob durch irgendwelche zusätzliche Mechanismen dieser ohnehin schon vorhandene Einfluss noch weiter und damit sogar über ein erträgliches Mass hinaus verstärkt werden solle.
Entgegen der oft kolportierten Meinung ist es ja auch nicht so, dass Enthaltungen (leere Stimmen, nicht abgegebene Stimmen, ungültige Stimmen usw.) [b]keinen[/b] Einfluss aufs Wahlergebnis hätten. Sie haben in der Tat einen Einfluss, wenn auch nur einen indirekten, insofern sie die Gesamtproportion der zählenden Stimmen verschieben. Anders gesprochen: Sie machen den "Kuchen" grösser oder kleiner. Als veranschaulichendes Beispiel: Bei einer Wahl werden 100 gültige Stimmen abgegeben. (Somit ist 1 Stimme = 1%.) 5 Wahlzettel wurden leer eingeworfen, scheiden also für die weitere Berechnung aus. Nun haben 4 Listen folgende Stimmenzahlen erhalten: Liste 1: 45 Stimmen Liste 2: 36 Stimmen Liste 3: 14 Stimmen Liste 4: 5 Stimmen Liste 4 erreicht somit gerade die 5%-Hürde (diese ist formuliert: "eine Liste, die nicht mindestens 5% der gültigen Stimmen erhalten hat, scheidet aus") und erhält in unserem Beispiel 5 Sitze, Liste 3 14 Sitze, Liste 2 36 Sitze und Liste 4 45 Sitze. Der "Kuchen" ist also 100 Stimmen gross (5% = 5 Stimmen, weil 1 Stimme = 1%). Bei der nächsten Wahl zu demselben Gremium gelten wiederum dieselben Regeln, auch dieselben 4 Listen treten an. Wieder beteiligen sich 105 Wähler, aber dieses Mal gibt es keine Enthaltungen mehr. Das Ergebnis sieht nun so aus: Liste 1: 47 Stimmen Liste 2: 37 Stimmen Liste 3: 16 Stimmen Liste 4: 5 Stimmen Die 5%-Hürde liegt nun nicht mehr bei 5 Stimmen, sondern bei 5,25 und kann daher nur mehr mit 6 Stimmen übersprungen werden. Der "Kuchen" ist also nun 105 Stimmen gross, woran die Liste 4 scheitert. Die verbleibenden 3 Listen teilen nun wiederum die 100 zu verteilenden Sitze untereinander auf, so dass Liste 1 47 Sitze, Liste 2 37 und Liste 3 16 erhält. Noch einmal anders sähe es aus, wenn sich bei der neuen Wahl eine 5. Liste beteiligt und die Stimmen der 5 Wähler, die sich zuvor enthalten hatten, erhalten hätte: Dann würden nämlich die Listen 4 und 5 beide leer ausgehen, das sie nicht die erforderlichen 5,25 Stimmen bekommen hätten. Die verbleibenden 3 Listen würden dann wiederum die 100 Sitze unter sich aufteilen, obwohl sie nun nur mehr 95 Stimmen insgesamt statt wie in den beiden vorausgehenden Beispielen 100 auf sich vereinigten. Es verbleiben also in der Sitzverteilung noch die 45+36+14=95 Stimmen der Listen 1 bis 3; 1% entspricht nun 0.95 Stimmen, pro 0.95 Stimmen erhält somit im Grundsatz jede Liste je einen Sitz zugeteilt: Liste 1: 45 : 0.95 = 47.368 -> 47 Sitze Liste 2: 36 : 0.95 = 37.894 -> 38 Sitze Liste 3: 14 : 0.95 = 14.736 -> 15 Sitze Es zeigt sich, dass im 3. Falle die beiden grossen Listen 1 und 2 verhältnismässig am meisten profitieren, wohingegen sie bei der Enthaltung im 1. Falle am schlechtesten gestellt bleiben. Falls es den 5 Wählern, die im 1. Falle leer eingeworfen haben, darum gegangen sein sollte, die beiden grossen Listen zu schwächen, dann hätten sie im 3. Falle besser ebenfalls die Enthaltung gewählt statt der "Protestpartei" Liste 5. Das Beispiel ist natürlich konstruiert, sollte aber immerhin beweisen, dass Enthaltung schon heute nicht ohne Einfluss aufs Ergebnis bleibt, sondern im Gegenteil einen wesentlichen Einfluss ausüben kann. Da fragt sich dann schon, ob durch irgendwelche zusätzliche Mechanismen dieser ohnehin schon vorhandene Einfluss noch weiter und damit sogar über ein erträgliches Mass hinaus verstärkt werden solle.